Klischees statt Fakten
Der Bundesinnungsverband der Gebäudereiniger wehrt sich gegen eine von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) getätigte Aussage im Rahmen der aktuellen Debatte um die Erhöhung des Mindestlohns. Am Freitagabend, 21.01.2022 hatte der Bundesarbeitsminister unter anderem öffentlich dazu erklärt: „Es geht zum Beispiel um Reinigungskräfte oder um diejenigen […], die in der Pandemie den Laden am Laufen gehalten haben.“
Mit dieser Aussage bediene der Bundesarbeitsarbeitsminister Klischees statt Fakten, erklärt Wolfgang Molitor, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) in einer Pressemittelung vom 24. Januar 2022. „Diese Aussage schadet dem Ruf unserer Gebäudereiniger-Branche“, ergänzt Jusuf Radoncic, Geschäftsführer der JURA Gebäudereinigung in Altenstadt. „Denn sie ist ein falsch gewähltes Beispiel.“
Fakt: Tariflicher Mindestlohn der Gebäudereiniger höher als gesetzlicher
Grund für die Kritik an Heils Aussage ist die Tatsache, dass der tariflich vereinbarte Mindestlohn in der Gebäudereinigungsbranche schon seit Jahren deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Seit 1. Januar 2021 beträgt der tariflich vereinbarte Mindestlohn in der niedrigsten Lohngruppe der Gebäudereinigungsbranche 11,11 Euro. Damit liegt er um 17 Prozent höher als der damals gültige Mindestlohn von 9,50 Euro. Am 1. Januar 2022 stieg der tarifliche Mindestlohn in der Gebäudereinigung auf 11,55 Euro, der gesetzliche auf 9,82 Euro. Bisher lediglich geplant ist eine nächste Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns am 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro. Die nächste tarifliche Erhöhung im Gebäudereiniger-Handwerk steht laut Tarifplan zum 1. Januar 2023 an. Dann steigt der tarifliche Mindestlohn für Gebäudereiniger wie vertraglich bereits Ende 2020 vereinbart auf genau 12,00 Euro.
„Wir Gebäudereiniger haben uns schon seit 2007 zur Zahlung eines tariflichen Mindestlohns verpflichtet. In unserer Branche gilt dieser auch für Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigte“, erläutert Jusuf Radoncic die tariflichen Strukturen. „Ausgerechnet die Reinigungskräfte als Beispiel für die Notwendigkeit einer Erhöhung des Mindestlohns heranzuziehen, ist fatal und faktisch falsch. Wir sind eine seriöse Branche, zahlen deutlich besser als Mindestlohn und bieten ausgezeichnete Aufstiegschancen.“
BIV-Geschäftsführer Molitor erklärt: „Vor dem Hintergrund all dieser Fakten weisen wir die Äußerungen des Bundesarbeitsministers in der Sache deutlich zurück. Den Minister bitten wir, das Gebäudereiniger-Handwerk künftig nicht mehr öffentlich als Alibi-Branche für die Einführung beziehungsweise Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns anzuführen.“ Zudem müsse Bundesarbeitsminister Heil eigentlich um die Tarifsituation in der Gebäudereinigungsbranche wissen, erläutert Molitor: Schließlich sei es dessen Haus, das die tariflichen Branchenmindestlöhne in der Gebäudereinigung seit anderthalb Jahrzehnten Jahr um Jahr für allgemeinverbindlich erkläre.
„Ich verstehe nicht, warum der Bundesarbeitsminister uns das Leben durch solche klischeebehafteten Vergleiche erschwert“, betont Jusuf Radoncic. „Wir haben es schwer genug, ausreichend Arbeitskräfte und Auszubildende zu gewinnen.“
Quelle: Presseinformation Bundesinnungsverband Die Gebäudereiniger vom 24. Januar 2022
Mit knapp 700.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind die Gebäudedienstleister die beschäftigungsstärkste Handwerksbranche Deutschlands. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks vertritt als Arbeitgeber- und Dachverband die Interessen seiner knapp 2.500 Mitgliedsbetriebe, die rund 85 Prozent des Marktes repräsentieren.